Am 2. Oktober 2018 hat im Haus der Europäischen Union in Wien eine Podiumsdiskussion zum Thema „Kroatien 5 Jahre in der EU“ zustattgefunden, bei der die Aspekte der ersten fünf Jahre der kroatischen EU-Mitgliedschaft in politischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht thematisiert worden sind. Zu der Veranstaltung hatten das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) und die Österreichisch-Kroatische Gesellschaft (ÖKG) eingeladen.

Der Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich, Dr. Jörg Wojahn, das IDM-Vorstandsmitglied Botschafter Dr. Emil Brix und der geschäftsführende Vizepräsident der Österreichisch-Kroatischen Gesellschaft, Prof. Dr. Werner Varga hoben die Notwendigkeit einer weiteren Integration für die Menschen in Südost-Europa hervor. Es sei zu hoffen, dass auch die anderen südosteuropäischen Länder bald in der EU sein würden.

Gastredner war der ehemalige kroatische Außenminister und derzeitige Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Parlament in Zagreb, Dr. Miro Kovač. Er bezeichnete die EU-Mitgliedschaft Kroatiens als staatspolitische Erfolgsgeschichte. Die grundlegenden Ziele bei der Gründung Kroatiens – Freiheit, Demokratie und Einbettung in die europäische Gemeinschaft – wären erreicht worden. Kroatien hätte sich auch mit seinen „realistischen Ansichten“ (etwa bei der Schließung der Balkanroute) in die EU einbringen können. Nun könnte Kroatien zu einem wichtigen Bindeglied zu seinen südlichen Nachbarn Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro werden. Dazu benötige es entsprechende EU-Strategien: Europa brauche ein gesamteuropäisches Bewusstsein, müsse gemeinsam handeln, „intelligent agieren und Kraft zeigen“, vor allem aber in diesem südosteuropäischen Raum präsent sein – mehr als Russland oder die Türkei.

Für den ehemaligen kroatischen Wissenschaftsminister Dr. Pavo Barišić waren die vergangenen fünf Jahre „nicht rosig“. Es wurden aber in Kroatien „die Minderheitenrechte verbessert“, es gäbe keinen Populismus und keinen politischen Extremismus, die Arbeitslosigkeit sei zurückgegangen. Probleme gäbe es jedoch noch bei der „postkommunistischen Korruption“ und im Bereich der Demografie wegen der großen Zahl von jungen Auswanderern.

Für die stellvertretende Leiterin an der Vertretung der Europäischen Kommission in Zagreb, Manica Hauptman, gibt es einen Mangel an Strukturreformen: in Kroatien wären noch immer zu wenig Frauen am Arbeitsmarkt. Außerdem würden die zur Verfügung stehenden EU-Mittel nur unzureichend abgeschöpft.

Dr. Christoph Schöfböck, CEO der Erste Bank Croatia beklagte ein zu geringes Reformtempo in Kroatien und nach wie vor Probleme bei der Rechtssicherheit für Unternehmen und zu lange Verfahrensdauer.  Wirtschaftlich wäre Kroatien auf dem richtigen Weg, die Maastricht-Kriterien wären „fast erreicht“ und er hoffe auf eine Euro-Einführung im Jahr 2020.

Auch für Hermine Vidovic vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche habe Kroatien „solide Zukunftsaussichten“. Sorge bereite allerdings die demografische Entwicklung: bereits ein Sechstel aller Kroaten lebe zurzeit im Ausland, war für die Altersvorsorge der kroatischen Bevölkerung zum – derzeit nicht abschätzbaren – Problem werden könnte.

Zum Abschluss der Veranstaltung ein Appell von Ex-Außenminister Kovač für eine pragmatische Herangehensweise im Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien in der Bucht von Piran (um damit ein drohendes Veto Sloweniens gegen den kroatischen Beitritt zur Eurozone und zum Schengen-Raum abzuwenden): nach dem – kaum bekannten – Vorbild von Deutschland und den Niederlanden in der Bucht von Emden sollte die  p r a k t i s c h e  Nutzung der Bucht zwischen den beiden Ländern vereinbart werden,  o h n e  definitiv eine Grenze zwischen Kroatien und Slowenien festzulegen…

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