Anfang April 2016 hat der neue kroatische Außenminister Dr. Miro Kovač in der Diplomatischen Akademie und Wien einen Vortrag über „Kroatien: Ein Land an der Schnittstelle zwischen Mittel- und Südosteuropa“ gehalten. Es war dies eine gemeinsame Veranstaltung des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM), der kroatischen Botschaft in Österreich, der Erste Group und der Österreichisch-Kroatischen Gesellschaft.
Dr. Miro Kovač ist Mitglied der HDZ und seit Jänner dieses Jahres Außenminister der Republik Kroatien. Er ist in Deutschland aufgewachsen und war bis 2013 auch kroatischer Botschafter in Deutschland. Es war daher nicht verwunderlich, dass er das Verhältnis von Kroatien zu seinen Nachbaren einerseits und die innere gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Entwicklung seines Landes andererseits in einer einstündigen, frei gehaltenen Rede in perfektem Deutsch beleuchtete. Außenminister Kovač präsentierte sich als überzeugter Europäer, der trotz aller Grundsatztreue davon überzeugt ist, dass auch schwierige Probleme im aufeinander Zugehen und vor allem in persönlichen Gesprächen gelöst werden können und müssen. Etwa wenn er im kroatisch-slowenischen Grenzstreit davon spricht, dass es zwar in naher Zukunft keinen Vertrag geben werde, aber eine Regelung geben könnte, die den in diesem Gebiet wohnenden und arbeitenden Menschen das praktische Leben erleichtern sollte.
Kovač betonte sowohl die Bedeutung seines Landes für die weitere Annäherung der südosteuropäischen Staaten an die EU als auch die Notwendigkeit weiterer Reformen innerhalb Kroatiens, sowohl in Bezug auf die Rechtssicherheit als auch in Bezug auf neue wirtschaftliche Impulse.
Auch bei der Zusammenarbeit mit Österreich sieht der kroatische Außenminister Möglichkeiten der Intensivierung – nicht nur im wirtschaftlichen Bereich. Er hatte am Tag vor seinem Vortrag das Burgenland besucht und ebenso wie der neue Präsident der Österreichisch-Kroatischen Gesellschaft DI Nikolaus Berlakovich, den er dort getroffen hatte, die Bedeutung der burgenländischen Kroaten als „Bindeglied“ für beide Staaten hervorgehoben. Er werde sich auch dafür einsetzen, dass es möglichst bald zu einer Partnerschaft zwischen dem österreichischen Bundesland Burgenland und einer kroatischen Gespanschaft kommen könnte.
Auf Anfrage aus dem Publikum räumte der Minister ein, dass es bei der Vergangenheitsbewältigung in Kroatien sowohl im Bezug auf den Zweiten Weltkrieg, als auch den Kommunismus noch Defizite gäbe. Das dürfe jedoch nicht den Blick auf die Zukunft vor allem der jungen Menschen im Land verstellen. Nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen wären im letzten Jahr 50.000 Kroaten nach Deutschland ausgewandert. In einem am 6. April in der „Presse“ veröffentlichten Interview präzisierte Außenminister Kovač: „Wir müssen endlich unsere totalitäre Vergangenheit offen ausdiskutieren. Ich bin überzeugt, Kroatien braucht eine gut durchdachte, strukturierte, öffentliche „psychotherapeutische Sitzung“, in der sich alle bei uns im Lande zu unserer Vergangenheit äußern können, die das wollen. Nach einer solchen Debatte wird es uns auch besser gehen. Dann können wir uns endlich leichter der Gestaltung unserer Zukunft widmen.“ Wenn das vernünftig auf nationaler Ebene geschehen sei, meinte Kovač im Presse-Interview abschließend, könnte man stufenweise „dazu auch die Nachbarstaaten einladen, um über unsere gemeinsame Vergangenheit zu sprechen“.