Am 18. September 2025 fand im Hrvatski centar die Vorstellung des Projekts „Österreichisch-Kroatische Schule in Wien“ statt.

Eröffnung durch den Präsidenten der ÖKG

Der Präsident der Österreichisch-Kroatischen Gesellschaft (ÖKG), Mag. Thomas Steiner, eröffnete die Veranstaltung zur Vorstellung des Projekts der ÖKG.

Nach der Begrüßung des Botschafters der Republik Kroatien, Daniel Glunžić,
der Abgeordneten zum Nationalrat (ÖVP) MMag. Dr. Gudrun Kugler, MTS (Bereichssprecherin für Internationale Entwicklung, EZA und Menschenrechte sowie Obfrau der bilateralen parlamentarischen Gruppe Österreich–Kroatien),
der Abgeordneten zum Nationalrat MMag. Pia Maria Wieninger (SPÖ, Volksgruppensprecherin),
des Landtagsabgeordneten der ÖVP Hannes Taborsky und des parlamentarischen Mitarbeiters Mag. Florijan Ilisevic, Assistent des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Rudolf Taschner, hob er die Bedeutung des Abends hervor:

„Die Initiative zur Gründung einer Österreichisch-Kroatischen Schule in Wien, getragen vom Verein Rešetarić Schule, stellt aus Sicht der ÖKG ein zukunftsweisendes Projekt dar. Dieses mehrsprachige Bildungsangebot soll nicht nur das kulturelle Erbe der kroatischen Volksgruppe in Österreich pflegen, sondern insbesondere Kindern aus kroatischem Elternhaus die Chance geben, das Potenzial ihrer Zweisprachigkeit bestmöglich zu entfalten – und so einen wertvollen Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zur Stärkung Mitteleuropas leisten.“

Vorstellung des Projekts durch Gabriela Novak-Karall

Gabriela Novak-Karall, Vorsitzende des Trägervereins Školsko društvo / Schulverein Rešetarić – Beč/Wien, stellte das Projekt eines zweisprachigen (kroatisch–deutschen) Bildungsmodells für Wien vor und erörterte sie die Rahmenbedingungen des Projekts.

Rechtliche Grundlagen und bildungspolitischer Hintergrund

Laut Absatz 2 des Art. 8b B-VG bekennt sich die Republik Österreich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt.
Auf Grundlage der Minderheitenschulgesetze für Kärnten und das Burgenland wird zweisprachiger Unterricht in den Sprachen Deutsch–Kroatisch, Deutsch–Slowenisch und Deutsch–Ungarisch im Grundschulbereich sowie Kroatisch-, Slowenisch- und Ungarisch-Unterricht auch an Schulen der Sekundarstufe angeboten.

Ein langjähriges Anliegen der kroatischen, slowenischen, ungarischen, tschechischen, slowakischen und Roma-Volksgruppe in Österreich ist es, auch außerhalb der traditionellen Siedlungsgebiete – vor allem in urbanen Zentren – durchgängige Bildungsangebote vom Kindergarten bis zur Matura in und für die Sprachen dieser Volksgruppen bereitzustellen. In dieser Frage treten die jeweiligen Volksgruppenvertreter:innen stets gemeinsam auf. In zahlreichen Gesprächen mit politischen Vertreter:innen auf Bundes- und Landesebene wird versucht, die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen.

Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium

Eine eigene Arbeitsgruppe führte vom Frühjahr bis zum Frühherbst 2024 intensive Gespräche mit den zuständigen Beamt:innen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) unter Leitung von Generalsekretär Mag. Martin Netzer. Dabei konnte Einigkeit erzielt werden, dass das durchgängig zweisprachige Modell der Komenský Schule vom Kindergarten bis zur Matura in den Sprachen Tschechisch/Deutsch und Slowakisch/Deutsch als geeignetes Bildungsmodell für alle Volksgruppen gilt.
Seitens des BMBWF wurde auch die Bereitschaft bekundet, für dieses Bildungsprojekt das Modell der erprobten Drittelfinanzierung bei innovativen Privatschulprojekten zu prüfen.

Das geplante kroatisch–deutsche Bildungsmodell

Der Trägerverein Školsko društvo / Schulverein Rešetarić – Beč/Wien strebt ein durchgängiges zweisprachiges kroatisch–deutsches Bildungsangebot vom Kindergarten bis zur Matura analog zum Modell der Komenský Schule an, die in Wien ansässig ist.
Der Unterricht soll von Beginn an in Standardkroatisch unter Einbeziehung des Burgenlandkroatischen erfolgen, mit vertiefenden Angeboten in Burgenlandkroatisch.

Erfahrungsbericht des Schulvereins Komenský

Ing. Karl Hanzl, Obmann des Schulvereins Komenský, gab einen kurzen Überblick über die Geschichte der Tschechischen Schulen in Wien und den oftmals mühsamen Weg zum durchgängigen Bildungsangebot in Deutsch/Tschechisch und Deutsch/Slowakisch vom Kindergarten bis zur Matura.

Historischer Rückblick

Interessant war der historische Rückblick auf die Zeit der Monarchie, in der bei einem Anteil von mindestens 25 % einer Sprachgruppe im Schulbezirk eine entsprechende Schule einzurichten war – ein Ziel, das in Wien vor Ende der Monarchie nicht erreicht wurde.
In der Ersten Republik war im Schuljahr 1919/20 mit 7.373 Schüler:innen ein Höchststand erreicht; Mitte der 1930er-Jahre pendelte sich die Zahl bei durchschnittlich 4.400 ein.
Das Schrumpfen der tschechischen Volksgruppe in Wien – bedingt durch Migration aus dem zerstörten Wien in die relativ verschonte Tschechoslowakei – spiegelte sich in den sinkenden Schüler:innenzahlen wider: von etwa 600 Anfang der 1950er-Jahre auf 250 Anfang der 1960er-Jahre und schließlich auf den Tiefstand von 127 Schüler:innen im Schuljahr 1987/88.
Internationale Ereignisse wie der Prager Frühling oder der Fall des Eisernen Vorhangs führten nur kurzfristig zu höheren Schülerzahlen.

Wiederaufbau des tschechischen Schulwesens in Wien

In dieser bereits schwierigen Situation gelang es mit der Gründung des Volksgruppenbeirats der Tschech:innen im Jahr 1994, sämtliche tschechischen Vereine Wiens davon zu überzeugen, auf 90 % der vom Bundeskanzleramt vergebenen Mittel zugunsten des Schulvereins zu verzichten.

Den Weg zur Matura (Beginn der Sekundarstufe 1996) wieder zu beschreiten, war eine der beiden wichtigsten Entscheidungen bei der faktischen „Neugründung“ des tschechischen Schulwesens in Wien. Die bereits 1993 eingeführte gleichberechtigte Unterrichtssprache Slowakisch war die zweite.

Die erste Matura mit weißer Fahne konnte 2004 gefeiert werden. Seit dieser Zeit haben bereits zehn Maturant:innen nach ihrem Lehramtsstudium ihre Lehrtätigkeit an der Komenský Schule aufgenommen.

Aktuelle Situation der Komenský Schule

Derzeit besuchen 580 Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis zur Matura die Komenský Schule:
– der Kindergarten mit 125 Kindern in sechs Gruppen (Tschechisch/Slowakisch und Deutsch sowie eine Gruppe Ungarisch/Deutsch),
– die Volksschule mit 180 Kindern im zweisprachigen Unterricht (ab der 1. Klasse, acht Klassen) am Standort Sebastianplatz,
– das Gymnasium mit 275 Schüler:innen (acht Klassen Unterstufe und vier Klassen Oberstufe) an der Schützengasse.

Pädagogischer Ansatz

Faszinierend ist der pädagogische Ansatz, die Kinder in der ersten Volksschulklasse in jener Sprache zu alphabetisieren, die sie am besten beherrschen (Tschechisch, Slowakisch oder Deutsch); ebenso wird beim Rechnen verfahren. Bis zum Ende der ersten Klasse sind die Kinder zweisprachig und können nach jeder Schulstufe in eine österreichische Schule übertreten.

Finanzierung und Herausforderungen

Als kleine Schule mit Öffentlichkeitsrecht finanziert der österreichische Staat den Lehrkörper (derzeit rund 60 Personen) in Form einer „lebenden Subvention“. Nachmittagsbetreuung, Kindergartenpersonal und Zusatzlehrkräfte werden vom Schulverein getragen. Die Gebäude sind im Eigentum des Schulvereins. Es wird ein Schulgeld (inkl. Nachmittagsbetreuung) von 275 € pro Monat eingehoben.

Die Finanzierung des Schulbetriebs bleibt eine ständige Herausforderung. Mit dem Unterrichtsministerium und der Stadt Wien werden Verhandlungen geführt, die Betriebskosten zu refundieren. Das Ziel sind 4.000 € pro Schüler:in und Jahr – das entspricht den durchschnittlichen Kosten, die jede:r Schüler:in Österreichs der Gemeinde oder dem Staat verursacht.

Diskussion und Ausblick

Im Anschluss an die beiden Beiträge kam es zu einer sehr lebhaften Diskussion, und alle Anwesenden waren sich über die Bedeutung und Chancen zweisprachiger Schulen der autochthonen Volksgruppen in Österreich einig. Seitens der anwesenden politischen Vertreter:innen wurde Unterstützung zugesagt.

Ing. Hanzl lud anschließend zum Besuch der Komenský Schule ein – ein Vorschlag, der seitens der ÖKG gerne aufgegriffen wird.

Fotogalerie

Foto 1:

Von links nach rechts: Mag. Thomas Steiner, Präsident der ÖKG, Gabriela Nowak-Krall, Vorsitzende des Trägervereins Školsko društvo /
Schulverein Rešetarić – Beč/Wien

Foto 2:

Von links nach rechts: Ing. Karl Hanzl Obmann des Schulvereins Komenský, Abgeordnete zum Nationalrat MMag. Dr. Gudrun Kugler (Bereichssprecherin für Internationale Entwicklung, EZA, Menschenrechte sowie Obfrau der bilateralen parlamentarischen Gruppe Österreich-Kroatien), Mag. Thomas Steiner, Präsident der ÖKG, Gabriela Nowak-Krall, Vorsitzende des Trägervereins Školsko društvo /
Schulverein Rešetarić – Beč/Wien, Abgeordnete zum Nationalrat MMag. Wieninger (SPÖ Volksgruppensprecherin), Landtagsabgeordnete der ÖVP Hannes Taborsky

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